Der Ein oder andere erinnert sich vielleicht noch an den Song "Insomnia" der Gruppe Faithless, damals in 1995 der absolute Renner auf den Tanzflächen. Und sowohl Song als auch Botschaft sind im Grunde zeitlos "I can't get no sleep". Ich kann nicht schlafen.
Klar, eine schlaflose Nacht kennt irgendwie jeder, oder mal eine unruhige Nacht zumindest. Man hat vielleicht zu spät und zu schwer gegessen, oder es plagt einen etwas, über das man grübeln muss und daher nicht zur Ruhe kommt.
Bei meiner lieben Frau ist das leider etwas anders. Denn so schön wir es hier auch haben, schon seit Monaten findet sie keinen guten Schlaf mehr. Alles ist super bis wir ins Bett gehen. Man schaut vielleicht noch einen Film oder lustige Videos im Internet und dann schlummert man entspannt dahin. Soweit funktioniert das auch echt toll und ich selbst kann mich auch nicht beschweren. Außer dem ein oder anderen Harndrang in der Nacht schlafe ich sehr passabel. Doch nicht so meine Liebste. Denn seit Monaten schon wacht sie in der Nacht auf. Meist irgendwann nach 1 Uhr. Doch statt wieder einzuschlafen bleibt sie wach. Stundenlang. Bis sie dann vor lauter Erschöpfung in den frühen Morgenstunden so tief einschläft, dass sie oft nach dem Aufwachen nicht so recht weiß, welches Jahrhundert wir überhaupt haben.
Wenn einem so etwas mal passiert ist das kein Problem. Aber jede Nacht? Über Monate? Und die Lage spitzt sich eher zu. Und so wandelt meine Herzensdame teilweise wie ein Zombie durch den Tag. Ganz besonders toll ist es dann natürlich auch, wenn es auch mal zwischenmenschlich nicht rund läuft und man sich ständig in den Haaren hat. Es sich aber auch nicht bessert, weil man nicht zur Ruhe kommen kann. Weil man sich vielleicht manchmal gegenseitig zu viel ist und einem die Luft zum Atmen fehlt. Und ein Haus, egal wie groß, winzig scheint.
So schlitterten wir also von dieser Schlaflosigkeit in einen tagelangen Streit, der uns beide leider viel zu viel Energie kostete. Gerade als sich dann die raue See wieder beruhigte wartete schon die nächste Hiobs-Botschaft. Per Zufall entdeckte meine Frau auf Facebook, dass aus heiterem Himmel ein langjähriger Freund gestorben war. Einfach so. Und gar nicht alt. Das traf sie wie ein Blitz, durchfuhr sie und verletzte sie tief in der Seele.
Ein Mensch den man 15 Jahre kannte und mit dem man viel verbunden hatte, zum Beispiel die Liebe zum Eishockey. Wie sich herausstellte erlitt er wohl einen Herzinfarkt. Der Witwenmacher, wie man dieses Ereignis immer dann nennt, wenn der Mann zwischen 35 und 45 Jahre alt ist. Denn genau dann sind diese Infarkte unglaublich tödlich.
Erneut hat es einen Guten erwischt. Jemand, der viel durchgemacht, aber viel gegeben hat. Der beliebt und geliebt war. Die Besten sterben jung sagt man. Ein sehr schwacher Trost wie ich finde. Denn von dieser Erkenntnis können wir alle nichts kaufen und bleiben allein mit unseren Gedanken zurück.
Seit Tagen weint sie also. Sie weint, dann geht es wieder, dann aber weint sie wieder. Teilweise so bitterlich, dass ich mitweine. Weil es manchmal einfach sein muss. Weil wir bei solchen Gelegenheiten vor Augen geführt bekommen, wie zerbrechlich wir auf dieser Erde sind, wie endlich alles ist und wie allgegenwärtig der Tod. Denn der ist überall dort, wo Leben ist.
Man beginnt urplötzlich über sich selbst nachzudenken. Auf eine Art und Weise, die man normalerweise nicht macht. Wir Menschen halten uns oft für etwas Besseres, als Krone der Schöpfung. Am Ende aber sind wir nicht Immun für den Tod und werden es vermutlich nie sein. Dann hinterfragt man auch, ob es den Streit über Tage wert war. Ob man so einschlafen will, im Zorn. Ohne zu wissen, was morgen vielleicht ist - oder was eben nicht mehr.
Klar bin ich für meine Frau da, die im Moment nicht so recht weiß, wohin mit all den Emotionen. Wohin mit den Gedanken und mit der Trauer. Kaum lasse ich sie nur wenige Minuten allein, finde ich sie mit roten Augen wieder. Für den Schlaf ist das logischerweise unglaublich förderlich. Sie kann keinen klaren Gedanken mehr fassen, steht neben sich. Es versteht sich von selbst, dass sie auch für mich keine rechte tiefe Zuneigung zeigen und zulassen kann. Zu tief sitzt der Schmerz und die dunklen Wolken wollen im Moment nicht wegziehen. Da kann der Himmel über Arizona noch so blau sein.
Ich für meinen Teil kann nur hoffen ihr Mann und Stütze genug zu sein, damit sie aus dem Tal wieder nach oben auf den Gipfel kommen kann. Auch unsere Freunde geben ihr Bestes, mit viel Verständnis und positiven Gefühlen da zu sein. Aber manche Dinge muss man für sich selbst regeln. bis man endlich wieder durchatmen kann. Nun naht der Abend mit großen Schritten und mit ihm die Frage, wird sie heute Schlaf finden oder nicht? Wenigstens nur eine einzige Nacht um sich zu erholen.
Ich wünsche es mir so sehr... Denn ich liebe diese Frau!
Euer Bob!
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