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Meine Frau – Der Rohrspatz


Au verdammt. Man kennt das. Man hat sich gerade den kleinen Zeh angeschlagen und flucht, um den Schmerz zu verdecken. So ist das zumindest bei den meisten Menschen. Wir wurden ja schließlich alle erzogen, nicht zu fluchen.


Sag dies nicht, das ist ein böses Wort, jenes gehört sich nicht. So oder so ähnlich war es zumindest bei mir und den meisten Menschen, die ich kenne. Und dann gibt es da noch meine Frau. Sie gehört zur Gattung der Rohrspatzen. Nicht weil sie ein süßes Vögelchen ist, sondern weil sie fluchen kann wie einer. Ach was sag ich. Wie alle Rohrspatzen auf der Welt zusammen.


Im Grunde könnte ich meine Frau auch problemlos auf jede Baustelle schicken. Nicht nur, weil sie handwerklich sehr begabt ist, sondern weil sie den Herrschaften in Punkto Schimpfwörtern Nachhilfeunterricht erteilen könnte.

Sie erzählt mir dann immer, man würde zwar das Mädchen von der Straße bekommen, aber die Straße nicht aus dem Mädchen. Vermutlich spielt sie dabei auf ihre Münchner Vorstadt-Vergangenheit an, bei der sie die Queen Ghetto Bitch war, oder was auch immer. Nicht umsonst nannte man sie damals Keule.


Aber keine Sorge, nicht nur ich als Mann bekomme die deftigen Sätze um die Ohren geschmissen, sondern im Grunde jeder, der sich auch nur annähernd traut, sich mit uns anzufreunden. Nun wäre Fluchen allein vielleicht noch gar nicht so schlimm, aber zudem ist sie auch noch frech wie Oskar. Was meine Frau betreibt könnte man Stand-Up Fluchen nennen. Sie kann mir aus dem Stegreif Worte nennen, von denen ich nicht wusste, dass es sie überhaupt gibt. Vermutlich ist sie die einzige Frau auf der Welt, die eine Partie Scrabble allein mit Fluchworten gewinnen könnte. Vor allem beim Autofahren kann man ihre Kunst in voller Pracht genießen. Frei nach dem Motto – alle blöd außer ich – flucht und keift sie sich durch den täglichen Straßenverkehr. Ich muss jedoch zugeben, dass sie mich mit ihrer Wortwahl täglich aufs Neue überraschen und unterhalten kann. Zudem ist ihr Fluchen ein wichtiger Indikator für ihre Gesundheit. Denn sollte meine Liebste einmal nicht fluchen, dann weiß ich sofort das etwas nicht stimmt.


Bereits seit langer Zeit versucht sie mir glaubhaft zu versichern, das Schimpfworte und deren häufiger Gebrauch gleichzusetzen mit hoher Intelligenz sind. Meine Studie zu dem Thema läuft noch. Es ist doch vollkommen sinnlos, ihr zu sagen was sie nicht tun soll, denn dann geschieht es erst recht. Sie liebt es förmlich, mich in jeder erdenklichen Situation zu ärgern, unter dem Vorwand, dies sei gut für meine Gesundheit und würde mich alten Sack jung halten. An dieser Stelle – Danke mein Schatz für diese Fürsorge.


Würde ich für jedes „Fick dich“ nur einen Euro bekommen, ich könnte mir problemlos einen Privatjet leisten. Dicht gefolgt von Verpiss dich und Zupf dich. Hierbei handelt es sich um die Bayrische Aufforderung schleunigst den näheren Umkreis der Frau zu verlassen, um den fliegenden Tellern zu umgehen. Wobei man hier ehrlicher weise sagen muss, dass sie niemals etwas zerbrechliches nach mir werfen würde, da sie die Scherben am Boden verrückt machen würden. Ihr wisst schon, Ordnungsnazi und so. Regelmäßig stellt sie dazu die Behauptung auf, ihre Fluchtiraden wären im Grunde ja ein Ausdruck ihrer unendlichen Liebe zu mir, und das müsse so sein. Ich nehme das an dieser Stelle jetzt einfach mal so hin, ohne den Sachverhalt zu prüfen. Besonders entgegen kommt ihr hierbei die englische Sprache, in der das Fluchen erstens weniger hart klingt, und zweitens Bestandteil der täglichen Sprache ist. Hier kann ich dem „You are a fucking asshole“ immerhin ein Love you Bitch entgegnen und irgendwie klingt es niedlich.


Jetzt mal alle Eltern kurz die Augen schließen – Denn geflucht wird natürlich auch vor dem Kleinen. In nahezu vollständiger Bandbreite. Respekt für meinen Kleinen, der sich davon noch überhaupt nichts abgeschaut hat und sich für sein Alter geradezu gewählt ausdrückt. Hier reift ein Deutschlehrer heran.


Ich dachte mir, hier in Amerika wird alles anders. Man lernt ja neue Leute kennen, schließt fluchend Freundschaften und muss gerade in der Anfangszeit gutes Benehmen an den Tag legen. Blöd nur, wenn die Ehefrau binnen weniger Wochen einen ähnlich heftigen Rohrspatz kennen lernt, und sich die beiden Damen gegenseitig bis zur Ekstase befluchen. Eine schlimmer als die andere. Mit jedem Fluchwort wird diese Freundschaft enger geknüpft und besagter zweiter Rohrspatz ist aus dem Leben meiner Fluchinella nicht mehr wegzudenken. Danach wird im fetten Mustang durch die Straßen gecruist und beide finden stolz für sich den Namen „Boss Bitches“.


Seltsamerweise muss ich generell feststellen, dass der überragende Teil unserer amerikanischer Freundschaften ziemlich fluchkompatibel mit meiner Frau sind. She seems to be a smart motherfucking bitch. Man muss sie einfach lieben. Oder halt nicht, but Gingerhair – they dont care.


In diesem Sinne, habt noch eine schöne Zeit, verfickte Scheiße nochmal.

Euer Bob

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