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Meine Frau, die Hauswirtschafterin


Was waren das noch für Zeiten. Damals, als der Bob noch jung war. Essen bei Oma. Portionen wie aus dem Märchen mit Knödeln groß wie Fußbälle. Ein Kochbuch war eher selten nötig, Hunger war Pflicht. Und wenn man keinen hatte, war das auch egal. Eingekauft wurde für Wochen, eingefroren, eingemacht und was weiß ich nicht alles.


Nein, nein. Bitte nicht falsch verstehen. Ich will jetzt hier gar nicht mit dem alten Mann-Frau-Bild anfangen. Er bringt das Geld nach hause, sie steht am Herd und hütet die Kinder. Wir sind alle modern, mit der Zeit gegangen und im Falle meiner Frau auch beruflich sowohl erfolgreich, als auch wirklich gefragt. Vollkommen klar, der medizinische Bereich ist wichtig.


Was viele jedoch gar nicht wissen, meine Frau war nicht immer "Medizinisches Fachpersonal". Es gab ein Leben vor der Arztpraxis und das ist gar nicht mal so uninteressant. Sie ist.... Großer Trommelwirbel.... Staatlich geprüfte Hauswirtschafterin. Ich bin jetzt mal ganz ehrlich, auf Anhieb hätte ich nicht wirklich gewusst, was das bedeutet oder was genau dahinter steckt. Denn auch wenn sie danach direkt in das Gesundheitswesen umsattelte... Gelernt ist gelernt, wie man so schön sagt. Und das hält bis heute ganz locker an.


Im Endeffekt ist es die Ausbildung zum Haushalts-Marine, der mit akribischer Genauigkeit und zähem Willen als Drill-Instructor durch jede Vorratskammer fegt und die militärische Ordnung einziehen lässt. Zudem alles was mit Haushalt und natürlich Essen zu tun hat.

Bei meiner Frau hat selbst der Einkaufszettel mehr System und Sinn als die aktuelle Corona-Strategie der Bundesregierung - und wesentlich mehr Fachwissen. Zudem alles was mit Haushalt und natürlich Essen zu tun hat.


Wo bei vielen Menschen eher willkürlich (mich eingeschlossen) Dinge wie Milch, Eier, Butter steht, ist bei meiner Frau die Shoppingliste an den Supermarkt und dessen Sortiment und Aufstellung angepasst. Somit kann sie jeden einzelnen Artikel nacheinander in den Wagen packen, ohne dabei kreuz und quer durch den Laden zu stapfen. Wer sich fragt, wie das geht, dem sei gesagt, dass meine Frau quasi Walmart-Maps im Kopf hat. Ich habe nach wie vor die Vermutung, dass sie die Regale plus Inhalt besser kennt, als so mancher Mitarbeiter.


Die Anfangszeit hier in den USA nutzte sie, um sämtliche Supermärkte der Region systematisch nach Preis und Angebot zu überprüfen. Frau will ja schließlich einen genauen Überblick haben.


Natürlich arbeitet sie dabei auch mit einem selbst auferlegten Budget, die Preise hat sie meist ebenfalls im Kopf. Wo ist was wie teuer, lohnt sich das? Zu teure Produkte werden mit einem entschiedenen "Ne, sicher nicht" sofort ignoriert. Wir hatten einen Plan: Einen Monat lang soll ich einkaufen wie auch kochen. Meine Liebste fürchtet jedoch unseren finanziellen Ruin, sollte dies allein auf den von mir getroffenen Einkaufsentscheidungen lasten. Ich will da jetzt nicht wirklich widersprechen.


Ist ein Supermarkt-Shopping-Trip erfolgreich abgeschlossen, werden die Schätze nur von ihr aufgeräumt. Denn in unserem Haus hat sowas ein System. Die Vorratskammer genauso, wie der Kühlschrank oder auch das Gewürzregal. Bis dato wusste ich auch gar nicht, dass man Dinge falsch in den Kühlschrank stellen kann. Jetzt weiß ich es. Und damit ich es als Mann einfacher habe, besitzt unser Fridge Fächer mit Zeichnungen der Dinge, die in das jeweilige Fach kommen. Im Fach selbst sind die Produkte, welche schon offen sind, nochmals extra gekennzeichnet, damit der Mann im Haus nicht versehentlich den falschen Käse öffnet. Gott bewahre.


Manche Frauen kann man mit Diamanten ködern. Andere mit Gürteln oder Taschen. Manche sind ganz versessen auf Schuhe und natürlich bekommt man viele Damen mit Klamotten-Shoppen. Meine Frau kreischt vor vergnügen, wenn sie Ordnungsboxen sieht, die genau so sind, wie sie es sich vorstellt.


Vor kurzem packte es meine Zuckerpuppe uns sie zerlegte unseren Gewürzschrank. Alles was nicht sicher war, wurde entweder umsortiert oder weggeschmissen. Ordnungsboxen wurden besorgt und beschriftet. Und nun stehen Salz und Pfeffer nicht mehr ohne Grund da wo sie hingehören, nein, sie sind sortiert, gruppiert und beschriftet.


Zurück zum Thema, ich koche und kaufe einen Monat ein. Als Mann ist man da ja pragmatisch. Es gibt Nudeln mit Tomatensauce. Also ziehe ich los, kaufe Nudeln und irgendwas, was wie Tomatensauce aussieht. Am nächsten Tag plane ich Steak mit Pommes, als kaufe ich genau die dafür notwendigen Zutaten. Alleine der Sprit, den ich in einem Monat verfahren würde, reicht meiner Frau, um uns als 3-Köpfige Familie über Wochen satt zu bekommen. Ok, ihre Ausbildung befähigt sie auch dazu, Großküchen zu leiten. Ehrlich gesagt ziemlich respekteinflößend. Da bringt es wohl kaum was, das Budget für einen Monat schon in der ersten Woche zu verblasen.


Fragt sich jetzt natürlich, organisieren und aufräumen kann sie. Aber kann sie denn auch kochen? Kann sie. Keine Chance für mich, sie hier zu schlagen. Egal ob zünftig bayrisch, italienisch, selbst kreiert, indisch, thai.... Und das ist echt gemein. Weil sie fast jedes Restaurant an die Wand kochen kann. Da gab es zum Beispiel diesen Thailänder, der hatte ein unglaublich tolles Curry. Dachte ich. Bis meiner Holden einfiel, sie könne das ja mal zuhause probieren. Ich mach's kurz: Den Thailänder brauch ich jetzt eher nicht mehr. Ihr denkt, einen echten Schweinebraten in den USA zu bekommen ist schwer? Ist es nicht. Sie kocht das locker nebenbei.


Ach so, hatte ich ihre Büffets erwähnt? Die sind schon fast legendär. Zu meinem 40. Geburtstag tischte sie auf, als gäbe es kein Morgen mehr. Die Menge hätte für die doppelte Anzahl an Gästen erreicht. Für so etwas sitzt sie oft einen ganzen Tag und dann noch bis in die Nacht. Zur Praxiseröffnung ihrer ehemaligen Chefin zauberte sie das gesamte Catering mit Dingen, die ich noch nie gesehen hatte. Entsprechend verwundert waren die Gäste mit der Antwort auf die Frage, wer das Essen denn wohl geliefert hätte. Tja, wehe wenn sie losgelassen. Meine Frau eskaliert dabei regelmäßig in der Küche, so kann man es vermutlich am besten beschreiben. Aber mal ganz ehrlich, lieber so als anders.


Als Mann gebe ich auch gerne zu, dass es ziemlich schön ist, eine Frau zu haben, die kochen kann. Ne, wirklich. Und auch bei aller Emanzipation. Es ist ja auch nicht so, dass ich komplett überhaupt nicht kochen kann. Aber im Vergleich zu meiner Liebsten ziehe ich da ziemlich den Kürzeren.


Inzwischen hat sie noch ein neues Hobby - Bento Boxen machen. Das ist eine Art Tupper-Dose für Essen. Alles natürlich mit System und Ordnung, ganz nach ihrem Geschmack. Essen zubereiten und gleichzeitig die perfekte Ordnung. Ich muss dem diesem Herrn Bento mal bei Gelegenheit eine Dankes-Mail schreiben. Da wird mir dann Essen für die Mittagspause eingepackt, dass alle Anderen vor Neid erblassen. Reis in Mickey Maus Form, zu Herzen ausgestochene Salami und Gurken in Blumenform. Mir wurde in der Arbeit schon damit gedroht, mir das Essen wegzunehmen, wenn ich mich nicht benehme.


Was soll ich sagen? Der Gentleman schweigt und genießt. Sie bekommt ihre Ordnung, ich leckeres Essen. Ein Idiot, wer sich darüber beschweren würde.


In diesem Sinne, guten Hunger!

Euer Bob


P.S. Jap, ich liebe diese Frau. Meine persönliche Hauswirtschafterin!

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