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Meine Frau, ihr Teller und ich!


Essen? Das ist für meine Frau und mich nicht nur Mittel zum Zweck, sondern von Anfang an pure Passion. Ich könnte euch jetzt die Geschichte erzählen, wo ein Mann mit seiner Frau in einem Restaurant sitzen, sie bestellt sich den Salat und er das Steak. Aber in Wirklichkeit will sie natürlich an das Fleisch, hat aber, weil es besser aussieht, und sie eine Frau ist, grüne Blätter geordert.


Tu ich aber nicht, denn bei uns ist das absoluter Quatsch. Wir bestellen einfach beide das Steak. Bis hier hin ist alles noch ganz normal. Wirklich interessant wird es, wenn man meine Holde und ihren Bezug zum Tischgedeck kennt. Mit kurzen Worten beschrieben, sie hasst es, wenn man ihr Essen auf den Teller gibt, ohne dass sie das nicht selbst getan hat.

Eigentlich kennt man das ja nur bei Kindern, wo faktisch eine Welt zusammen bricht, wenn das Ketchup nicht exakt dort auf dem Teller landet, wo der Nachwuchs gerade eben mit seinem Finger hingezeigt hat. Für mich persönlich grenzt es dabei schon fast an ein Wunder, wie ich mit meiner Angetrauten in all diesen Jahren auf eine solche enorme Menge an Restaurantbesuchen gekommen bin! Sie erklärt das so: In einem Restaurant gibt es die Ausnahme, dass das Essen bereits fertig angerichtet aus der Küche kommt, und sie den eigentlichen Vorgang, durch welchen die Lebensmittel auf den Teller kommen nicht mit ansehen muss. Ok, kein Problem. Dann erhöhen wir jetzt den Schwierigkeitsgrad und besuchen ein typisches indisches Restaurant. Wer kennt sie nicht, die freundlichen Bedienungen, die einem stets am Tisch den Reis frisch auf den Teller servieren. Das schreiben dieser Zeilen genügt und ich habe bildlich die Schweißtropfen meiner Frau vor Augen, wie sie sich durch dieses Ritual kämpfen muss, es bisher aber immer tapfer geschafft hat.


Selbstverständlich steht es meiner Frau per Gesetz zu, sich jederzeit und nach belieben von meinem Teller zu bedienen, umgekehrt gilt das natürlich nicht. Schon fast ein Scheidungsgrund ist es zudem, wenn ich es im Grunde meines Herzens nur gut meine und ihr zum Probieren etwas auf ihren Teller platziere. Liebe Leute, die Blicke meiner Frau kommen der Zerstörungskraft des Todessterns gleich. Sollte mir ein solch unverzeihlicher Fehler wieder mal passieren, werde ich durch ihre gewohnt zärtliche Art aufgefordert, meinen Scheiß sofort wieder von ihrem Gedeck zu entfernen. Und wehe, wenn nicht.

Zuhause ist die Situation etwas einfacher. Meine Frau teilt das Essen aus und sonst niemand. Sollte sie ausnahmsweise einen guten Tag erwischt haben, so erhalte ich maximal die Genehmigung das ein oder andere Stückchen mit chirurgischer Präzession dort zu platzieren, wo sie es mir angezeigt hat. Seltene Augenblicke des Glücks habe ich nur, wenn es meiner Liebsten nach einem Nachschlag verlangt, und sie nicht sehen kann, wie ich diesen auf den Teller anrichte.


Ebenfalls ein normaler Bestandteil unseres Essensalltags, separates Besteck für die Königin. Meine royale Angeheiratete besitzt eine eigene Besteckschublade, in der sich Unikate wie einzelne Gabeln oder Löffel auf wundersame weise immer weiter vermehren. Wehe dem, der sich aus Versehen am falschen Werkzeug bedient. An dieser Stelle fällt mir auf, dass meine Frau eine Vorliebe für besonders geformte Löffel hat. Zudem scheint jede von ihr in einem Restaurant benutzte Gabel einen einzelnen schiefen Zinken zu haben. Jetzt könnte man das mit den Gabeln als Zufall abtun, oder denken, ich würde übertreiben. Aber ganz ehrlich? Über 400 Restaurantbesuche und nahezu jedes Mal ein schiefer Zinken, ich glaube langsam nicht mehr an Zufall. Naja, für mich als Mann sind Löffel auf jeden Fall billiger, als Handtaschen sammeln.


Soviel zum Thema anrichten!


Fast noch spannender wird es aber, wenn sie das Essen dann auch wirklich isst. Denn meine Holde ist eine Meisterin des kreativen Essens. Honigbrote werden kleingeschnitten und mit Stäbchen gegessen. Nuggets von McDonalds werden liebevoll von der Panade befreit um sie dann formvollendend als Filet zu genießen. Die Panade wird dabei aber nicht verschwendet, sondern selbstverständlich abgenagt. Ein BigMac wird vor dem Verzehr in verschiedene Segmente zerlegt und quasi Scheibchenweise gegessen. Lässt mich meine Frau von ihrem Teller probieren, so dekoriert sie mir stets eine perfekte Gabel, deren Bild in jedem Gourmetmagazin stehen könnte. Ich hab's echt gut. Mehr Liebe geht nicht. Es sei denn, meine Frau ist hungrig, dann sollte man nicht zwischen ihr und dem Essen stehen.

Heute habe ich meiner Frau aus Versehen einen von ihr verlangten Kaugummi gebracht, ihn jedoch vor Übergabe ausgepackt. Selbstverständlich habe ich mich sofort für mein rüpelhaftes Fehlverhalten entschuldigt, kommt diese Handlung doch dem ungefragten servieren auf dem Teller gleich.


Insgesamt bleibt festzuhalten, sofern ich mich an einige Sicherheitsanweisungen halte, ist mein Leben in diesem Haushalt grundsätzlich nicht bedroht.

In diesem Sinne, euer Bob

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