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Vater mit angezogener Handbremse




Wer meinen letzten Blogeintrag gelesen hat, dem ist nicht nur aufgefallen, dass meine Frau und ich einen Kinderwunsch hegen, sondern dass wir bereits einen wunderbaren Jungen haben, was ich als großes Glück empfinde.


Da unser Junge 8 Jahre alt ist, ich mit meiner Frau aber erst 5,5 Jahre zusammen bin, ergibt sich hieraus eine sehr eindeutige Feststellung. Mein Kleiner ist biologisch gesehen nicht von mir.


Nichts desto trotz nenne ich ihn ganz bewusst meinen Jungen, denn Gene sind die eine Sache, aber der Zusammenhalt als Familie eine ganz andere.

Nun gibt es natürlich alle möglichen vorstellbaren Vorgeschichten. Der leibliche Vater könnte verstorben sein, unbekannt, oder er könnte meine Frau kurz nach der Geburt verlassen haben, denn sowas passiert ja leider häufig.

In unserem Fall treffen diese Gründe nicht zu. Meine Frau hatte sich von ihrem damaligen Mann getrennt, als unser Sohn knapp 3 Jahre alt war. Kurz darauf trat ich in ihr und auch das Leben des Kleinen. Ich gebe ehrlich zu, dass mir dies zum damaligen Zeitpunkt wie ein Geschenk des Himmels vorkam, hatte ich doch kurz vorher die Diagnose der Zeugungsunfähigkeit erhalten. Doch nun stellte sich eine andere Herausforderung denn der leibliche Vater war nach wie vor präsent und forderte sein gesetzlich gegebenes Mitspracherecht.


Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass dies nicht nur sein gutes Recht war und ist, sondern von mir auch in aller Form respektiert wurde. Gerade als Mann hatte ich ein hohes Maß an Verständnis für seine schwierige Situation. Auch wenn ich zugeben muss, dass er es uns nie wirklich leicht gemacht hatte. Ich versuche dies, ohne mit dem Finger zu zeigen, aus meiner persönlichen Sicht zu erklären.


Als Mann habe ich eine ganz bestimmte Einstellung zum Vater sein. Und leider gehören Trennungen in der heutigen Zeit zum Alltag. Oft habe ich den Satz gehört, dass sich die Leute früher viel weniger getrennt haben, als heute, schon gar nicht, wenn Kinder mit im Spiel sind. Ich erinnere mich dabei gerne an eine Geschichte, die mir meine Mutter erzählt hat, als sie mir davon berichtete, dass sie in jungen Jahren noch nicht einmal eine Wohnung bekommen hätte, wäre sie nicht verheiratet gewesen. Entsprechend waren Scheidungen stets ein Tabuthema. Persönlich halte ich nichts davon, mit einem Partner nur deswegen zusammen zu bleiben, weil ein Kind gezeugt wurde und dafür den Rest des Lebens unglücklich zu verbringen. In diesem Fall hatte ich von Anfang an das Gefühl, dass der leibliche Vater ganz gehörig mit seinem verletzten Männerstolz zu kämpfen hatte, denn dies ließ er uns stets spüren.


Ich befand mich in einer Zwickmühle. Auf der einen Seite wollte ich den Vater so gut wie möglich integrieren, auf der anderen Seite wuchs ich mit diesem kleinen, wunderbaren Jungen immer enger zusammen. Es war nur eine Frage der Zeit, dass ich tiefe und ehrliche Gefühle entwickelte, die weit über eine normale Betreuung hinausgehen. Um es konkret zu sagen: Irgendwann fühlte auch ich mich als Vater. Biologie hin oder her. Zusammen mit meiner Frau kümmerte ich mich um alle Belange des Alltags, genoss aber gleichzeitig auch die schönen Seiten des Familienlebens. Doch es ist wie es ist. Gerade in Deutschland kommt man in vielen Lebenslagen nicht an der Zustimmung oder Mitwirkung des Erzeugers vorbei. Dessen Mitwirkung jedoch ließ häufig und gerade in entscheidenden Situationen zu Wünschen übrig. Vereinfacht ausgedrückt kann man sagen, dass er immer dann mitreden wollte, wenn er besser geschwiegen hätte, dafür aber an den wirklich wichtigen Dingen teilnahmslos blieb. Er widersetzte sich erfolgreich all unseren Versuchen, ihn am Alltag seines Kindes zu beteiligen. Und nutzte jede Chance, uns wahre Felsbrocken in den Weg zu legen. Ich muss gestehen, dass mir dieses Verhalten viele schlaflose Nächte bereitete und ich meine weinende Frau unzählige Male trösten musste, da ihr im Laufe der Zeit oft die Kraft abhanden kam.


Es ist fast schon bedauerlich, wie vertraut man inzwischen in juristischen Dingen ist und der Gang zum Anwalt und selbst das Erscheinen vor Gericht zur Normalität geworden ist. Das alles natürlich immer zum Wohle des Kindes, so heißt es. Die Realität stellt sich jedoch meist vollkommen anders dar. Auch musste ich feststellen, dass deutsche Jugendämter oftmals keine wirkliche Hilfe sind.


Nach unserer Hochzeit durfte ich mich nun offiziell Stiefvater nennen, was mir aber nur wenig zusätzliche Rechte einbrachte. Denn auch wenn ich mich nach wie vor ausnahmslos und mit vollem Einsatz um die Belange unseres Kleinen kümmere, fühlt es sich stets an, wie Autofahren mit angezogener Handbremse.


Ich habe nie Dankbarkeit erwartet, aber möglicherweise ein klein wenig männliche Anerkennung dafür, dass ich dem eigentlichen Vater eine große Menge an unangenehmen Dingen abgenommen habe. Und ja, das nagt an mir. Umso ärgerlicher ist für mich die Tatsache, dass sich der Erzeuger selbst nach dem Umzug in die USA vor allen Dingen dadurch auszeichnet, dass er quasi nicht präsent ist und im Grunde nichts von seinem Kind weiß. Für meine Frau und mich wird es immer schwieriger, gegenüber dem immer älter werdenden Kind eine positive Einstellung zu bewahren, wenn er von alleine merkt, dass kaum Interesse vorhanden ist. Eine Tatsache, die jedoch gerne genau gegenteilig dargestellt wird, da man sich nur allzu leicht in eine Opferrolle drängt. Ich selbst kann inzwischen kaum noch wirklich Verständnis aufbringen für dieses Verhalten. Ich liebe ein Kind und weiß genau, dass es Menschen gibt, die mir genau das am liebsten verbieten würden. Und ich wage zu behaupten, dass diese Liebe auch erwidert wird. Egal ob Fahrrad fahren oder schwimmen, egal ob stundenlange Arztbesuche, Krankenhausaufenthalte, oder Probleme jeder Art, ich kann von mir behaupten „Ich war da“ und werde es auch weiterhin sein.


Ich brauche keinen Orden und es muss auch keine Straße nach mir benannt werden. Die tägliche Umarmung meines Sohnes, wenn ich von der Arbeit nach Hause komme und seine leuchtenden Augen sind Lohn genug. Ich würde mir nur manchmal wünschen, dass auch andere Menschen dies sehen und verstehen könnten.


Ja, man kann sich auch als Eltern trennen, aber man sollte stets daran denken, was der Begriff Kindeswohl eigentlich bedeutet und ihn nicht für die Befriedigung des eigenen Egos missbrauchen. Gemeinsam mit meiner Frau habe ich jeden noch so großen Stolperstein aus dem Weg geräumt und bin gewillt und bereit dies weiterhin ohne jede Einschränkung zu tun. Denn letztlich kämpft man nur für das, was man liebt.


Und auch wenn ich manchmal neidisch bin, auf andere Väter, die sich nicht mit solchen Problemen quälen müssen, bin ich täglich dankbar, für das, was ich habe und stelle fest, es war und ist jede Mühe und jedem Kampf wert.

In diesem Sinne, schätzt was ihr habt.

Euer Bob

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