Wir Männer kennen das. Der Lieblingsverein hat verloren, oder die Frau hat einen Kratzer in unsere Felgen gefahren, da kann man auch als gestandenes Mannsbild mal ein Tränchen vergießen. Überhaupt wird in diesen modernen Zeiten vom starken Geschlecht mehr Gefühl gefordert.
Bei der typischen Frau dagegen sind Tränen hier und da nicht nur häufiger, sondern im Allgemeinen auch akzeptiert. Und dann gibt es da noch meine Frau.
Die ich an dieser Stelle liebevoll meine kleine Heulboje nennen möchte. Einzig vor Schmerzen weint sie wohl am seltensten. Doch ansonsten sprudelt das kühle Nass beinahe bei jeder Gelegenheit aus ihren tiefblauen Augen, wenn sie nicht gerade singt. Ok, wenn ein Film traurig ist, dann kann ich das im Ansatz noch verstehen. Meine Holde ist jedoch emotional so nah am Wasser gebaut, dass selbst die kleinste Kleinigkeit wahre Sturmfluten heraufbeschwört. Besonders witzig und gleichzeitig seltsam sind Situationen, in denen sie von einer Situation vollkommen überwältigt weinen muss und gleichzeitig über sich selbst lacht. Wir nennen das an dieser Stelle das Weinlachen. Da steht deine Frau also neben dir und weint, weil das Feuerwerk so schön ist und lacht gleichzeitig, weil sie genau deswegen weinen muss.
Ich möchte gar nicht weiter auf das Thema Disneyland eingehen (hier muss ein eigener Blogeintrag her), aber soviel sei gesagt, Besuche in ihrem Lieblingstag bereiten mir stets große Sorge, weil ich fürchten muss, meine Liebste trocknet mir aus und fällt am Ende des Tages tot um. Ihr lacht? Sie weint.
Und ich meine das Ernst. Und nein. Ich übertreibe nicht. Auch wenn ich manchmal dazu neige. Auch eine gute Konversation über uns und unser Leben lässt bei ihr wahre Wasserfälle die Wangen hinuntergleiten. Schicksale jeder Art ergreifen sie stets zutiefst. Oft liegen wir nebeneinander im Bett und ich bemerke glasige Augen neben mir und mache mir sofort Sorgen, es sei etwas schlimmes passiert, aber nein, sie hat nur mal wieder einen rührenden Artikel irgendwo im Internet gefunden, welcher sogleich alle Dämme brechen lässt.
Filme sind auch so ein Thema. Sie kann einen Film 20 mal sehen und kennt jedes Detail, was für mich bedeutet, dass ich mit Schweizer Genauigkeit exakt vorhersagen kann, ab welcher Sekunde das Gejaule startet. Und meine Frau kennt eine Menge Filme und hat diese vermutlich öfter gesehen als der Regisseur selbst. Und nein, ich spreche nicht nur von Disney oder Titanic, den sie übrigens 13 mal alleine im Kino gesehen hat.
Ok ich gebe zu, auch mir kamen die Tränen, als Prinzessin Leia in Star Wars endgültig gestorben ist, aber das Schlimme ist, meiner Frau auch. Sie weint übrigens auch wenn sie sauer auf mich ist. Oder auch, wenn sie glücklich mit mir ist. Insofern verbringe ich die meiste Zeit des Tages damit auszuloten, woher die Emotionen wohl dieses Mal stammen.
Gut. Als sie damals in Kroatien auf ihr Knie gefallen ist, hat sie sogar wegen Schmerzen geweint. Garniert mit den Worten: Ich wusste gar nicht mehr wie es sich anfühlt, sich das Knie aufzuschlagen. Vermutlich hätte das genäht gehört, aber tapfer wie immer hat meine Liebste diese Möglichkeit ausgeschlagen. In diesem Zusammenhang ebenfalls lustig, ist ein Erlebnis aus den Anfängen unserer Beziehung, als sie sich das Ohr warm föhnen musste, weil sie solche Schmerzen hatte, dass auch diese sie zum weinen brachten.
Das mag irgendwie niederträchtig klingen, was ich hier von mir gebe, und vermutlich wird sie deswegen auch weinen, wenn sie das liest, aber liebe Leute, auch ich muss irgendwo mit meinen Emotionen hin. Und der Garten ist leider momentan fertig ausgebaut. Vielleicht gehört das Weinen aber auch zu einem ihrer Marotten, die sie so liebenswert für mich machen. Und von denen ihr vermutlich in zukünftigen Blogs das ein oder andere Mal lesen werdet.
Ich muss an dieser Stelle nicht extra betonen, dass die erst kürzlich stattgefundene Kommunion unseres Sohnes alles andere als trocken verlaufen ist, und damit spiele ich nicht auf Alkohol an.
Musik bringt sie übrigens auch zum weinen. Dazu Konzerte, Shows, und überhaupt alles, was auch nur annähernd emotional verpackt ist. Ich persönlich glaube, ihr fehlt da ein Enzym. Blöd ist natürlich, dass wir inzwischen in Arizona wohnen und man bei entspannten 45 Grad Aussentemperatur ohnehin auf den Flüssigkeitshaushalt achten muss. Jede vergossene Träne stellt hier quasi eine Gefahr für Leib und Leben dar. Ihr merkt also, im Grunde bin ich nur besorgt um das Wohlergehen meiner Holden Maid. Ach so, und jetzt kommt das Schlimmste. Denn ob man es nun glauben will oder nicht, aber mit verheulten Augen sieht meine Frau tatsächlich unfassbar gut aus. Ja, das mag seltsam klingen, aber tatsächlich ist es so. Und insofern passt es dann ja auch wieder und ich glaube, sie will mir einfach nur einen Gefallen tun und toll für mich aussehen. Danke dafür Schatz.
Ich liebe jede Träne an ihr. Es sei denn, ich hab sie zum weinen gebracht.
In diesem Sinne, lasst es laufen.
Euer Bob
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